← Back Published on

Assistentin ohne Geschlecht

Befehle erteilt man gemeinhin wohl lieber einer Frau. Auch um einen Gefallen zu bitten, fällt vielen offenbar leichter, wenn das Gegenüber weiblich ist. So wird bei Besprechungen gerne die anwesende Frau um Kaffee gebeten – egal in welcher Funktion sie am Tisch sitzt.

Die hilfsbereite, sorgende Frau. Bilder, die sich über Jahrhunderte tief ins kollektive Bewusstsein eingegraben haben, lassen sich so leicht nicht übertünchen. 

So verwundert es kaum, dass einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge zwei Drittel der Internetnutzerinnen und -nutzer bei Sprachassistenten eine weibliche Stimme  bevorzugen.  Nur zehn Prozent hören lieber einen Mann.

Bitkom begründet das mit der Gewohnheit. Immerhin waren die Sprachassistenten von Anfang an  als Assistentinnen angelegt. Alexa und Siri heißen die beiden prominentesten.  Und selbstverständlich sprechen sie – ebenso wie der Google Assistant – standardmäßig mit weiblicher Stimme.

Warum eigentlich? Manch einer meint, sie würden besser verstanden, wirkten freundlicher und entspannter. Andere sehen genau in diesen Zuschreibungen ein Problem – weil sie Geschlechterklischees weiter festigen.

So nehmen männlich klingende Sprachassistenten Untersuchungen zufolge meist eine autoritäre Rolle ein und erteilen Befehle, etwa beim Banking. Weibliche Stimmen hingegen werden eher dafür genutzt, Anweisungen entgegenzunehmen. Und es geht noch devoter: Vor einigen Jahren zeigte ein Bericht der Unesco, dass weiblich klingende Sprachassistenten häufig höflich und sogar flirtend auf sexistische oder beleidigende Kommentare der Nutzer reagieren.

Doch bei diesen Zuschreibungen muss es ja nicht bleiben. Zumal längst nicht mehr für alle Menschen selbstverständlich ist, dass es lediglich zwei Geschlechter gibt. Und so klingt eine Idee, die die Kreativagentur Virtue bereits im Jahr 2019 hatte, sehr einleuchtend: ein*e Sprachassistent* in namens Q – mit geschlechtsneutraler Stimme.

Entstanden ist sie aus Aufnahmen von gut zwei Dutzend Frauen, Männern und  Transpersonen. Die Menschen, die sie hörten, empfanden Q im Test zur Hälfte als  geschlechtsneutral, 26 Prozent eher als männlich und 24 Prozent als weiblich. Die Entwickler werteten das als Erfolg.

Durchgesetzt hat sich Q bislang nicht. Leider, aber wenig verwunderlich angesichts der emotional aufgeladenen Debatten um Geschlechter und Toiletten in letzter Zeit.

Vorschlag zur Güte: Wir lassen E.T. sprechen. Der Außerirdische ist immerhin ein  Sympathieträger – und geschlechtslos. 

Die Stimme des Filmhelden wurde übrigens aus vielen Geräuschen erschaffen. Zu hören ist unter anderem eine ältere Dame, die zwei Schachteln Zigaretten am Tag geraucht haben soll, sowie Waschbären, Pferde,  die Rülpser eines alten Professors und das mühsame Atmen einer erkälteten Frau im Schlaf.