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Kehrtwende

Barbara Klauß zu den Änderungen in der SAP-Arbeitskultur

Rhein-Neckar-Zeitung, 10. Januar 2024

Leistungskultur stärken, interne Silos aufbrechen, harte Arbeit, große Disziplin – der Ton bei  der SAP ist gesetzt für den Start ins neue Jahr. Er hatte sich seit einer Weile bereits angekündigt – dennoch traut man seinen Ohren kaum angesichts der neuen Klänge aus Walldorf.

Über Jahre machte Europas größter Softwarekonzern vor allem mit großzügigen Angeboten seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber von sich reden: Von Anfang an konnten sie viel freier entscheiden als andere Angestellte, wann sie arbeiten wollten, zunehmend auch wo – im Zweifel auch am Badesee. Vertrauen und Eigenverantwortung wurde laut herausgestellt, Programme zur Gleichstellung gefeiert, mit großem Tamtam kürzlich erst sechs Wochen voll bezahlter Sonderurlaub für frisch gebackene Väter angekündigt.

Und nun? Die zusätzliche Väterzeit – still und heimlich zumindest auf Eis gelegt. Die versprochene „volle Flexibilität“ quasi gestrichen. Kommen soll dafür ein Bewertungssystem, das die Beschäftigten in drei Kategorien einteilt: Neben den Leistungsträgern und denen, die ihre Aufgaben zur Zufriedenheit erfüllen, sollen damit die Lowperformer identifiziert werden.

Über all diesen Kehrtwenden schwingt der Begriff der Leistung. Gerade Konzernchef Christian Klein soll sie wichtig sein. Und tatsächlich sind leistungsbereite Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überlebensnotwendig für ein Unternehmen, zumal in dieser Zeit. Seit wann aber motivieren Druck und Kontrolle,  strikte Vorgaben, Misstrauen und gebrochene Versprechen?