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Verantwortung der Konzerne

SAP stoppt  sein Neukundengeschäft in Russland, die BASF  beteuert, sie stehe hinter den Sanktionen gegen das Land, Intel und Apple setzen alle Lieferungen dorthin aus, Google blockiert Anzeigen: Täglich stellen sich Unternehmen demonstrativ auf die Seite des Friedens, des Völkerrechts und der Menschlichkeit – und gegen den Aggressor, der die Ukraine überfallen hat und dort einen grausamen Krieg führt.

Konzerne handeln damit – zumindest ein Stück weit – gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen. Das wäre nicht zu allen Zeiten denkbar gewesen. Gerade wir hier in Deutschland wissen das leider zu gut.

So ist es ein wohltuendes Zeichen, in einer Welt, über die momentan so viele Katastrophen herein brechen, wenn Manager wie SAP-Chef Christian Klein Wirtschaftssanktionen als wichtiges Instrument zur Wiederherstellung des Friedens bezeichnen.

Das Bewusstsein der Konzerne für ihre Verantwortung der Gesellschaft gegenüber hat sich glücklicherweise gewandelt. Niemand kann es sich heute noch leisten, ausschließlich seine kurzfristige Profitmaximierung im Blick zu behalten. Fast alle engagieren sich sozial, sie forcieren Nachhaltigkeit und treten laut für Menschenrechte und Menschenwürde ein.

Das liegt zum Einen hoffentlich an der Erkenntnis, dass Unternehmen einer Gesellschaft, von deren Errungenschaften sie gewaltig profitieren, auch etwas zurückgeben sollten. Und an der Einsicht, dass sie zu deren Funktionieren zwingend beitragen müssen.

Es hat aber auch ganz praktische Gründe: So erwarten Aktionäre zunehmend, dass die Konzerne, an denen sie sich beteiligen, Verantwortung übernehmen. Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel wird das zum wesentlichen Faktor: Gut ausgebildete junge Menschen machen ihre Entscheidung für einen Job inzwischen unter anderem davon abhängig, wie sich ein potenzieller Arbeitgeber öffentlich positioniert und verhält.

Schon 2016, als US-Präsident Donald Trump eine  Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen wollte, um sein Land gegen Einwanderer abzuschotten, und der damalige Chef eines hiesigen Unternehmens  öffentlich hoffte, von diesem Bau profitieren zu können, brach ein Sturm der Entrüstung los. Entstanden ist ein verheerender Eindruck, der sich bis heute in den Köpfen der Menschen festgesetzt  hat. Nun aber sehen wir ein anderes Bild, ein mitfühlenderes, menschlicheres. Und das ist in diesen Zeiten bitter nötig.

Rhein-Neckar-Zeitung, 5.3.2022